Lieferanten

Der Begriff „Beschaffung“ ist in der ISO 9001 mit der Ausgabe von 2015 verschwunden, Suchbegriffe wie Beschaffung und Lieferantenmanagement ergeben keine Treffer.

 

Wo ist die Beschaffung in der neuen Norm abgebildet?

Man suche in Kapitel 8.4 und findet dort die Begriffe „Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen“. Das Thema ist etwas allgemeiner formuliert, jedoch umfassender, was durchaus sinnvoll ist, da Unternehmen in ihren Lieferketten und Zusammenarbeitsmodellen immer mehr vernetzt sind.

 

Klassische Lieferanten-Kunden-Beziehungen

Hier haben sich in den vergangenen Jahren viele Vorgehensweisen und Methoden etabliert, z.B. Lieferantenvereinbarungen, Auswahlkriterien und Bewertungssysteme. Allerdings haben sie nach unserer Erfahrung oft eine gewisse Kurzsichtigkeit, die wir hier kurz kommentieren wollen:

  • Enge Perspektive: sie beschränken sich auf die drei Dimensionen Preis, Termintreue und Qualität.
  • Der Qualitätsbegriff ist nicht immer klar spezifiziert.
    Interessante Fragestellungen wären: Welche Qualitätsanforderungen werden an den Partner gestellt? Wie wird die Einhaltung bewertet oder (wo sinnvoll) sogar gemessen?
  • Sie konzentrieren sich auf die Vergangenheit und beurteilen die Leistungsfähigkeit z.B. über das vergangene Jahr. Merkmale, welche in die Zukunft gerichtet sind, kommen oft zu kurz.
    Hinweise: Bei der Lieferantenauswahl und –bewertung können – je nach Art der gelieferten Produkte oder Dienstleistungen – weitere Elemente wichtig sein: Innovationskraft, Beratungsqualität (inkl. Fähigkeit, Alternativen vorzuschlagen), technologischer Stand, Wille zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit, Auskunftsfähigkeit, Flexibilität bei Engpässen oder Schwierigkeiten, Lösungsorientierung.

 

Ausgelagerte Prozesse – oft nicht auf dem Radar

Lieferanten von Prozessen, Produkten oder Dienstleistungen müssen in die nötige Steuerung des Unternehmens eingebunden werden:

  • wenn deren Produkte und Dienstleistungen «für die Integration in die organisationseigenen Produkte oder Dienstleistungen vorgesehen sind» - also klassische Beschaffung
  • wenn der Kunde im Auftrag des Unternehmens direkt vom Lieferanten/Partner beliefert wird mit Produkten oder Dienstleistungen, aber auch Teilprozessen, z.B. Outsourcing von Dienstleistungen wie Service- oder Reparaturdienste für Kunden, die durch Dritte ausgeführt werden

 

Dabei ist durch das Unternehmen sicherzustellen, dass die Leistungen den gleichen Anforderungen genügen, wie wenn sie durch die Organisation selbst erbracht würden. Knacknuss ist dabei die Gewährleistung der Informationen zu und von diesen externen Anbietern. Gefordert ist unter anderem die Genehmigung von

  • Produkten und Dienstleistungen
  • Methoden, Prozessen und Ausrüstungen
  • Freigabe von Produkten und Dienstleistungen

 

Vielen Unternehmen ist nur teilweise bewusst, dass sie eigene Tätigkeiten ausgelagert haben, die nicht direkt mit der Kundenbeziehung zu tun haben, jedoch wichtig sind, um die eigenen Tätigkeiten reibungslos abzuwickeln.

Häufige Beispiele dafür sind: IT-Dienstleistungen, Wartung von eigenen Anlagen und Einrichtungen, Logistik, Reinigung. Bei Unternehmensgruppen oder Konzernen kann es sich um Dienstleistungen handeln, die sie mehr oder weniger freiwillig vom Mutterhaus beziehen.

Daraus können sich Chancen und Gefahren ergeben: Kosten- oder Qualitätsvorteile, aber auch Abhängigkeit von einem externen Partner. Es empfiehlt sich, die relevanten Beziehungen und Verbindungsstellen (Interfaces) in Service-Level-Agreements zu regeln und in einer Übersicht zusammenzustellen, inkl. Austauschwege von Material und Informationen, Verantwortlichkeiten, Vorgehen bei Problemen oder Abweichungen.

Beispiel: Was geschieht, wenn eine Anlage wegen technischen Problemen steht und (k)ein Servicevertrag mit nützlicher Interventionszeit abgeschlossen wurde?

 

Wie kann man diese Forderungen umsetzen?

Mit Lieferantenvereinbarungen, Service Level Agreement, Freigabe von Mustern, geregelter Lieferantenauswahl, Lieferantenmanagement, Lieferantenaudits usw. – klassische QM Elemente der Beschaffung, aber mit weitsichtiger Ausrichtung (siehe oben).

 

… und Umweltmanagement und Arbeitssicherheit & Gesundheitsschutz?

Leider ist hier die HLS-Struktur nicht konsequent angewendet worden. Die Berücksichtigung von umwelt- oder sicherheitsrelevanten Aktivitäten ist im Kapitel 8.1 Betriebliche Steuerung integriert.

Doch das sollte niemanden daran hindern, bei der Lieferantenevaluation und bei der periodischen Bewertung (Requalifikation) den Umwelt- und Arbeitsschutz-Fragen den notwendigen Stellenwert einzuräumen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Umwelt- und Sicherheitskriterien einen angemessenen Anteil im Auswahl-/Bewertungsverfahren haben, d.h. je mindestens 10-20% der Kriterien und der Gewichtung abdecken.

 

Denn ein umwelt- und sicherheitsbewusster Partner soll für sein Engagement spürbar belohnt werden – und nachlässige Lieferanten sollen einen Anreiz erhalten, diese wichtigen Themen anzugehen. Nur so entfaltet sich eine Wirkung über die ganze Lieferkette, wie dies bei Lancierung der ISO 14001:2015 von der ISO kommuniziert wurde: als Beitrag zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele der UNO.

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